Endlich haben die Tourismusmacher ein Einsehen und wir fanden Anfang Oktober noch einen Termin, an dem die Galleria Henry bei Buggerru besichtigt werden konnte. Während wir ansonsten um Buggerru herumfahren, weil es jetzt nicht so etwas Besonderes ist, außer uns überfällt die Cappulust, ging es jetzt am Ortseingang geradeaus rein in den übersichtlichen Ort. Man sieht links oben schon von Weitem den Weg , der zur Galleria Henry führt, außerdem ist es auch ausgeschildert, wenn jetzt auch nicht so überdimensional, das es einem gleich ins Auge fiele.
Wir haben entlang der Straße geparkt auf einem weiß eingerahmten Parkplatz , was gebührenfrei bedeutet, und uns gleich aufgemacht zur Galleria , aufwärts etwa 10 Minuten. Wir waren schon spät dran, aber die Führung hatte noch nicht begonnen.
Oben angelangt trifft man auf das obligatorische Kassenhäuschen und einen kleinen Bahnhof mit Bildern, die das frühere Minenleben zum Inhalt haben.
Dann kam der Führer und los ging es etwa 100m zum Eingang des Tunnels. Entlang des Weges sah man bereits die Schienen und wartete auf den dazugehörigen Zug. Aber erstmal bekam man Erklärungen, die ich ob des Gebrabbels und Gebrummels in den Bart unseres Minenerklärers nicht verstand. Egal, wir genossen halt vorerst die Aussicht.
Ein lautes Kreischen von Metall auf Metall kündigte die Ankunft des Zügchens an. Nun erfolgte die obligatorische Helmvergabe inklusive Schutzhäubchen und der darob folgenden Belustigung. Wir kannten das ja schon von Porto Flavia.
Jetzt durften wir endlich in die kleinen Lorenwägelchen einsteigen. Da nicht so viele Leute da waren, bekam jeder so sein eigenes Wägelchen. Da kann man übrigens schon beim Einsteigen den perfekten Sitz des Helmes überprüfen. Meiner schlug an und fiel erst mal runter. Los ging die Fahrt in den dunklen Tunnel rein, es kreischt und kracht und plötzlich tun sich Seitengänge auf, die ganz kurz einen Ausblick nach draußen hergeben.
Nach etwa einem Kilometer war man plötzlich wieder draußen auf einem Plateau, an dem der Zug wenden konnte. Wir stiegen aus und genossen die sagenhafte Aussicht, auf die man eigentlich so garnicht vorbereitet war.
Nach angemessener Zeit begann dann der Tourbegleiter mit seinen Ausführungen, die ich nach einer gewissen Gewöhnungszeit dann doch halbwegs verstand. Den Rest habe ich dann eben nachgelesen.
Die Galleria Henry gehört zu der großen Mine Planu Santu bei Buggerru und ist heute ihr schönstes Aushängeschild für die Besucher. Sie wurde 1865 in den Felsen gehauen um die abgebauten Erze, Zink und Blei mittels Menschen und Tieren zu den Erzwaschanlagen im Ort und den Schiffen im Hafen zu transportieren.
1892 wurde der Tunnel ausgebaut, sodass eine Dampflokomotive diese Arbeit übernehmen konnte, nicht aus Mitleid mit Mensch und Tier , sondern zum Zwecke der Effiziens und damit einhergehend zum finanziellen Gewinn. An der Decke des Tunnels sieht man noch genau die schwarzen Ablagerungen des Braunkohlestaubs, da gab es also offensichtlich auch schon ein großes Feinstaubproblem.
Der Tunnel ist etwa einen Kilometer lang und man befindet sich auf etwa 50 Meter Höhe über dem Meerespiegel. Immer wieder münden Grubengänge in diesen Haupttunnel.
Die Ausstellung könnte natürlich etwas liebevoller sein.
Die Erzählung ging weiter über den Ort Buggerru. Der Ort, der vormals von Bauern, vor allem Schafzüchter spärlich bewohnt wurde, hatte Ausgangs des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Blütezeit. Nachdem die Erzvorkommen wirtschaftlichen Erfolg erahnen ließen, kamen sogenannte Fachkräfte aus dem Ausland, allen voran Franzosen, Belgier, Norditaliener und Engländer. Sie stellten das Kontingent aus Minendirektoren, Ingenieuren , Verwaltern und Vorarbeitern. Sie alle mussten die sardischen Arbeiter erst anlernen, da diese vom Bergbau keine Ahnung hatten. Damit ist klar, welche Stellung sie dann in Buggerru einnahmen. Während die höhergestellten Herrschaften schöne Villen und herrschaftliche Häuser bauten, verblieben die Einheimischen in kleinen, geduckten Steinhäusern.
Buggerru zählte damals bis zu 6000 Einwohnern. Diese Zahl wurde nie mehr erreicht, heute sind es knappe Tausend.
Buggerru wurde damals auch ” das kleine Paris” genannt. Um ein heimeliges Gefühl zu erzeugen, bauten vor allem die Franzosen dann ein Hospital, Schulen und ein Theater mit Kino. Sogar die Damen aus Cagliari nahmen den beschwerlichen Weg nach Buggerru auf sich, um dort die neueste Mode, den “dernier cri ” aus Frankreich, die Näherinnen in ihren Boutiquen für die Direktionsfrauen herstellten, zu begutachten und zu kaufen. Das erste Auto fuhr ebenfalls in Buggerru, allerdings mit sehr kleinem Radius, da es an Straßen fehlte.
Im September 1904 kam es dann zum ersten Arbeiterstreik, dem drei Arbeiter zum Opfer fielen. Es wurde für bessere Arbeitsbedingungen und Gesundheitsfürsorge gekämpft. Der Streik weitete sich zum Generalstreik in ganz Italien aus, dank der Berichte der Presse. Danach verbesserte sich der Status der Arbeiter tatsächlich etwas, auch der der Frauen und Kinder, die ebenfalls in den Minen und Waschanlagen arbeiteten. Von 1920 bis 1930 kam dann die erste Krise, in den 50er Jahren flackerte der Bergbau nochmals auf , um dann bis Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts in Buggerru zum Erliegen zu kommen.
Der Vortrag war dann zu Ende und endlich durften wir den Außenweg entlang der Felsen zurückgehen, zu dem ich schon eine ganze Zeitlang begehrliche Blicke warf.
Über die mehr als wunderschönen Ausblicke könnt ihr euch nun ein Bild machen, Worte braucht es dazu nicht.
Bemerkungen zum Schluss. Mir hat die Galleria Henry besser gefallen, was die Ausblicke anging und halt das Zügchen, was natürlich bei Kindern auch super ankommt. Was die technischen Errungenschaften und Bergbaugeschichte angeht, war Porto Flavia das Interessantere. Am besten besucht man beides. Ist allerdings jetzt nicht so preiswert . Natürlich geht das nicht für ein paar Cent., das ist mir schon klar und auch in Ordnung. Wir mussten jeweils 10€ pro Person löhnen, heißt für beide Minengänge 40€. Ich finde das ein bisschen happig. Man könnte vielleicht ja auch noch zusätzlich ein etwas günstigeres Kombiticket anbieten. Für eine Familie mit Kindern wird das schon ein teures Vergnügen, obwohl Kinder etwas reduziert bezahlen.
Einen Kalender mit Öffnungszeiten, die vor allem außerhalb der Saison variieren findet man unter http://www.comune.buggerru.ci.it/hh/index.php und zwar in dem gelben Kasten in der Mitte ” Calendario….”, allerdings nicht gerade, weil wohl die letzten Führungen stattgefunden haben.
Ein Link von einer weiteren bergbaugeschichtlichen Sehenswürdigkeit bei Masua.