Monte Sirai – Wohnen auf dem Berg

Schon die alten Phönizier und Punier wussten damals, was einem heute jeder Immobilienfuzzi sagt:  Entscheidend ist die Lage, Lage, Lage. Und so enstand eine phönizische Stadt auf dem 191 m hohen Tafelberg Monte Sirai , ein paar Kilometer  nördlich von Carbonia gelegen.

Leicht zu finden, biegt die Straße auf den aus Vulkangestein bestehenden Monte Sirai von der SS 126 beim Weiler Sirai  ab. Einige Kurven hinauf und schon gelangt man auf den Parkplatz vor der Ausgrabungsstätte. Das kleine Empfangsgebäude bietet einige Bücher und andere Kleinigkeiten, so ein bisschen souvenirmäßig, zum Kauf an. Auf einigen Ständern sind aber auch gute Broschüren zu archäologischen Stätten oder anderen Sehenswürdigkeiten im Sulcis-Iglesiente zu finden, ebenso wie manche interessante Bücher. In einem weiterem Raum findet man ein tolles Relief der ganzen Akropolis und Bilder der Ausgrabung. Weiter kann man an einer kleinen Kaffeebar ein Getränk erstehen und sich damit auf die Terrasse vor dem Gebäude setzen und erst einmal die Landschaft, den Ausblick auf sich wirken lassen.

Bereits da erahnt man schnell, warum gerade dieser Berg als Siedlungstätte ausgesucht wurde und nicht erst von den Phöniziern, sondern schon lange vorher von den Nuraghern, die dort schon eine große Turmnuraghe bauten, die dann von den Phöniziern umgebaut wurde zu einem Tempel. Der Rundumblick von Antioco bis hoch nach Portoscuso die gesamte Küstenlinie entlang, ebenso wie ins Hinterland Richtung Berge des Sulcis erlaubte keinem anrückenden Feind unbeobachtet zu bleiben.

Heute kann man dagegen die Windmühlenblätter bei Portoscuso ins Blickfeld nehmen, aber das jetzt nur mal am Rande.

Die ausgegrabenen Stadtelemente  schieben sich entlang des Bergrückens, leicht abfallend, Richtung Süden und erinnerten mich an eine Akropolis im kleinen Stil. Vom Nordtor aus erreicht man als erstes die Reste des Tempels der Astarte,  dargestellt in einer Steinskulptur, die man dort fand. Astarte wurde unter anderem auch als Göttin der Seefahrer verehrt und passt daher natürlich perfekt zu den Phöniziern, die die Siedlung etwa 750 v. Chr. gründeten.

Damit bekam auch die Siedlung  ihre Prägung durch rechtwinklig angelegte Straßen, öffentliche Plätze, ein Kanalsystem und nicht zuletzt die Bauweise der Häuser. Diese wurden um einen Innenhof angelegt durch eine Grundmauer begrenzt, auf die Ziegelsteine gesetzt und verputzt wurden. Meistens einstöckig, gab es aber auch oftmals noch einen zweiten Stock aus Holz und ein Flachdach aus Balken und Holzschindeln.

In solch einen Grundriss hat man zur sichtbaren Erklärung der Küchenräume einen Ofen gestellt, der mir auch als Pizzaofen taugen würde.

Die punische Siedlung wurde zerstört, aber rasch und mit einer richtigen Stadtmauer versehen von den Puniern 360 v. Chr. wieder aufgebaut. An den Grabbeigaben, die in der außerhalb liegenden Nekropole gefunden wurden, kann man ablesen, dass es sich durchaus um eine wohlhabende Bevölkerung gehandelt haben muss, die ihr Geld durch Handel verdiente.

Dann kamen die Römer, aber der Monte Sirai wurde weiterhin von Karthagern bewohnt, bis kurz vor der Zeitenwende die Siedlung mehr oder weniger bedeutungslos wurde und langsam aber sicher im Erdreich verschwand.

Geht man zurück zum Kassenhaus, kommt man noch an den Nekropolen vorbei

und an einem Tophet, ein Ort der ganz besonderen und berührenden Art. Dort wurde nämlich die Asche der ganz früh gestorbenen Kinder in kleinen Tontöpfen mit Deckel aufbewahrt.

Daneben fand man zahlreiche Stelen mit zum Teil sehr naiven Motiven, die die Forscher dann dem Einfluss der sardischen Bevölkerung zuordneten, ganz schön gemein. Die einen Forscher sagen, dass das Tophet nur eine Grabungsstätte für Totgeburten oder sehr früh gestorbene Kinder sei. Sie sollten in diesem Gefäß der Gottheit zurückgegeben werden, um eine schnelle Wiederkehr zu ermöglichen. Die andere These geht davon aus, dass die Kinder geopfert worden wären von den Puniern zu ihrem Schutze. Mir gefällt die erste These wesentlich besser und ich will eher daran glauben. Zumal auch behauptet wird, dass die Römer diese Opferlegende nur erfanden, um die Punier schlecht zu reden. Das kann ich mir schon viel eher vorstellen.

Danach führt der Weg zurück zum Ausgang und bei der Gelegenheit kann es einen zweiten Cappu geben, der, verbunden mit einem kühlenden Windhauch auf besagter Terrasse, eingenommen wird. Und da schließt sich dann wieder der Kreis der besonderen Lage, vor allem im heißen sardischen Sommer, der einen kühlenden Windhauch mehr als verträgt.

Garmin GPS Daten vom Parkplatz: N39° 10.857′ E8° 29.308′

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