Sagra degli Agrumi – Orangenfest in Muravera

Schon ewig lange wollten wir einmal an diesem traditionellen Fest dabei sein und dieses Jahr klappte es endlich. Wir freuten uns also auf das 46. Sagra degli Agrumi im Ort Muravera im Südosten Sardiniens. Wobei es sich genau genommen bei Agrumi nicht nur um Orangen handelt, sondern um Zitrusfrüchte insgesamt, die in großer Vielfalt in dieser Region angebaut werden.

Schon früh am Sonntagmorgen zogen wir aus unserem Urlaubsort, dem nahegelegenen  San Vito, los, um noch einen akzeptablen Parkplatz zu erwischen. Das gelang auch und wir machten uns mit vielen anderen Besuchern auf den Weg zu einem guten Standplatz für den Umzug, der entlang Muraveras Hauptstraße stattfinden sollte. Unterwegs dahin kamen wir schon an manchem Garagentor vorbei, in dem Orangenprodukte zum Kauf angeboten wurden.

An der Piazza Europa, dem zentralen Platz Muraveras war eine Tribüne aufgebaut, jedoch nicht für den Normalbürger und schon gar nicht für Turisten.

Wir ergatterten einen bequemen Platz und warteten auf die ersten Gruppen. Der Umzug begann pünktlich, was uns etwas erstaunte, denn sonst bei ähnlichen Festen haben wir uns auch schon die Füße in den Bauch gestanden.

An diesem Umzug, der die Hauptattraktion des Festes ist, nahmen zahlreiche Gruppen teil. Da waren die sogenannten Gruppo Folk, das sind die Gruppen mit traditionellen Trachten ihrer Ortschaften aus wertvollen Stoffen, bestickt , mit Schmuck und Tüchern verziert und von stolzen Frauen und Männern getragen und vorgeführt.

In der Hand tragen sie  ihre handwerklich hergestellten Köstlichkeiten, oft Brot oder Gebäck.

Einige der Gruppen führten auch den Ballu tundu vor, den sardischen Tanz schlechthin, der in Reihen , Kreisen und Paaren zu sardischer Musik getanzt wird. Sobald die Musik beginnt, wippen auch schon bei mir immer automatisch die Füße mit.

Es kamen dann Motivwägen angerollt, zu Beginn der aus Muravera mit Orangendekoration natürlich, später auch Wagen, die Motive aus der Arbeits- und Lebenswelt der Orte in dieser Region darstellten. Am besten haben mir immer die Reifen der riesigen Traktoren, der Zugmaschinen vorne dran, gefallen, ebenso wie die Traktorlenker, die mit stolzgeschwellter Brust hinter ihrem Riesenlenkrad saßen.

Von einem Wagen herunter wurde kräftig mit Orangen geworfen. Irgendwie erinnerte das an die Karamellenwagen im Kölner Karneval, wobei ich jetzt nicht unbedingt so ein Geschoss an den Kopf wollte.

Auf einem anderen Wagen wurde richtig ein Schwein gebraten und es qualmte ordentlich vom Wagen herunter. Der hätte unserer Feinstaubregelung sicher nicht entsprochen und wäre mit Fahrverbot belegt worden.

Die Barfußläufer aus Cabras haben auch hier beim Fest nicht gefehlt. Da es jetzt nicht so warm war, habe ich mir Gedanken über die kalten Füße gemacht und sie wirklich etwas bedauert.

Ebenso waren einige Abordnungen aus dem Bereich der Sartiglia  aus Oristano dabei, die dort während der Karnevalszeit aktiv sind, wie die Tamburini eTrombettieri.

Mit fortschreitender Zeit wurde es dann doch dem ein oder anderen kleinen Teilnehmer zu viel.

Von weitem hörte man dann  die Gruppen der Mamuthones, die auch dabei waren. Schwer stampften sie im Gleichschritt auf, sodass ihre Schellen lautstark ihr Kommen ankündigten.

Immer wieder ist es ein Genuss, diese archaischen Masken und Umhänge zu sehen und ihr Spiel mit dem Seil, wie sie sich gegenseitig einfangen.

Neben den Mamuthones aus Mamoiada waren auch die bekannten Maskengruppen  Boes e Merdules aus Ottana und  Su Bundhu aus Orani dabei.

Musikalisch wurde der Umzug auch von Launeddaspielern begleitet. Eine Gruppe kam aus dem nahegelegenen Villaputzu, das für seine Launeddabauer bekannt ist. Zum ersten Mal sah ich dann auch weibliche Launeddaspielerinnen. Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass es eine reine Männersache wäre, Launedda zu spielen. Aber schön, wenn sich auch da die Zeiten ändern.

Nach fast zweieinhalb, niemals langweilig gewordenen Stunden , kamen dann die Gruppen zu Pferde. Mit prachtvollen Gewändern ritten sie die Straße entlang und symbolisierten auch die gehobene Klasse  vergangener Zeiten.

Nach dem Umzug hatten wir noch Gelegenheit im ein oder anderen geöffneten Haus oder Hof Kunsthandwerk zu begutachten. Hier muss ich jedoch sagen, dass da die cortes apertas einiges mehr zu bieten haben.

Während beim Umzug noch die Sonne strahlend vom Himmel schien, zog nun Ungemach in Form eines Gewitters auf. Wir retteten uns schnell in einen Hof und kamen so noch in den Genuss eines kleinen Mittagessen.

Am späteren Nachmittag versammelten sich noch einmal die Trachtengruppen auf der Piazza Europa und stellten sich einem nun schon kleiner gewordenen Publikum mit Tanz und Musik vor.

So ließen wir das Fest langsam für uns ausklingen und gingen  zurück zu unserem Parkplatz, wobei noch das ein oder andere Glas handgemachter Orangen- und Mandarinenmarmelade in meiner Tasche landete und mehrere Gläser frisch gepresster Orangensaft in meinem Bauch.

 

 

 

Eine Antwort auf „Sagra degli Agrumi – Orangenfest in Muravera“

  1. Hallo,
    super toller Bericht von den verschiedenen Bräuchen und Umzügen.
    Werde jetzt mal schauen was ich mir anschauen werde.
    Termine schauen usw.

    Vielen Dank
    und Daumen hoch für die Tolle Arbeit dieses Blocks.

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