Eine etwas andere Art der Unterkunft bietet der Agriturismo. Bei uns würde man dazu einfach Ferien auf dem Bauernhof sagen.
Ein “richtiger” Agriturismo (Agri) zeichnet sich dadurch aus, dass es sich um einen wirklichen bäuerlichen Betrieb handelt, der eigene Land- und /oder Viehwirtschaft betreibt und dabei eigene Produkte herstellt, die er dem Gast anbietet.
Dabei gibt es auch hier wieder Agris der unterschiedlichsten Komfortausprägung. Das beginnt bei einem einfachen Zimmer mitten im landwirtschaftlichen Raum, abgelegen und nur mittels einfacher strade bianche zu erreichen und endet beim Landgut mit Komfortzimmern, eigenen nahezu Luxusbadezimmern, swimming-pool und Animationsprogramm für die Gäste.
Um sich Agri nennen zu dürfen, muss aber eine , wenn auch noch so kleine, eigene Landwirtschaft vorhanden sein. Das öffnet natürlich jedwelcher Kreativität Tür und Tor. Also immer die Augen weit auf, ob es auch ein wirklicher Agri ist. Allerdings erkennt man das schnell. Schon an den Gebäuden, den landwirtschaftlichen Geräten, Ställen , Tiere, der Landschaft rundum, der Größe des Betriebs, lässt sich der richtige Agri erkennen. Ein Agri kann aber durchaus auch eine spezielle Ausrichtung haben, zum Beispiel auf bestimmte Feldfrüchte und gänzlich ohne Tierhaltung.
Meistens besteht der Agri aus einem Haupthaus mit einem Saal, in dem das Essen an langen Tischen serviert wird. Daran schließt sich die Küche an, in der fast immer die ganze Familie beschäftigt ist mit Kochen. Natürlich führt dort gewöhnlich die Mamma das Regiment.
Ein typisches Agriessen ist ein feststehendes Menu aus Antipasti, Primo, Secondo und Dessert.
Oftmals gleichen sich die Speiseabfolgen bei den Agris. Man weiß also schon vorher ungefähr Bescheid, was auf den Tisch kommt. Wobei in jedem Agri dann doch anders gekocht wird. Und man weiß auch schon vorher, dass man besser einen Tag vor dem Agriessen fastet und zwangsläufig auch einen Tag danach.
Antipasti sind Platten mit verschiedenen aufgeschnittenen Wurstspezialitäten, Salsiccia, Schweinebauch/- hals, Käse, Hartkäse, Pecorino , Streichkäse, verschiedene Gemüse, eingelegt oder gekocht, Agrodolce und dann noch ganz besondere Hausrezepte, z.B., warme Leber oder andere Innereien. O.K., dem ein oder anderen runzelt sich gerade die Stirn, aber man MUSS das nicht essen, aber vielleicht wenigstens mal probieren. Es ist eben so, dass hier das ganze Tier verwendet wird, was ja auch so richtig ist. Und die Mamma macht das dann schon so, dass es schmeckt.
Als Primo hält dann die Pasta auf dem Tisch Einzug, handgemacht versteht sich mit leckeren Soßen aus Lamm-/ Schwein – oder auch mal Wildschwein. Im Norden bekommt man manchmal auch die typische zuppa gallurese, ein mehr als herzhafter und sättigender Auflauf aus Brot ,Brühe und Käse. Ebenso gefüllte Ravioli gehören zum üblichen Programm oder die typischen Culurgiones,. Das sind Teigtaschen mit Kartoffelfüllung, die auf der Zunge schmelzen sollten und einen leichten Minzgeschmack haben, wenn sie richtig gut sind.
So, der Secondo ist der Fleischgang mit gegrilltem Spanferkel
oder Lammgulasch oder auch ganz anderen Spezialitäten wie die Cordula, ein Spieß aus Innereien, der über offenem Feuer gegrillt wird. Letzteres gibt es aber nur noch ganz selten und dann bekommt man auch noch etwas Anderes zur Auswahl. Ich habe es aber probiert und es war richtig gut. Dazu wird Brot , manchmal Kartoffel und rohes Gemüse gereicht, zum Beispiel Karotten- oder Selleriestangen . In letzter Zeit gibt es auch immer öfter einen Salat dazu.Das ist dem Gästeverlangen geschuldet.
Jetzt der Nachtisch; Obst, kleine ,gebackene süße Raviolini, Seadas, eine frittierte Teigtasche mit Käsefüllung und , wenn man Glück hat, obenauf mit cobezzolo, der bittere Honig vom Erdbeerbaum.
So, genug zum Essen. Immer mehr Agris bieten auch Unterkunft. Man ist meistens in kleinen Nebengebäuden untergebracht.Das können renovierte, alte Stallungen sein oder neugebaute kleine Bungalows.
Nach so einem fulminanten Essen, das auch noch von vino und natürlich selbstgebrautem Hochprozentigem begleitet wird , ist man über ein Bett in Laufnähe dankbar. Viele Agris bieten inzwischen auch Stellplätze mit Wasser für Wohmobile an und man darf auch schon mal ein Zeltchen zum Übernachten aufstellen. Man kann aber auch nur zum Essen kommen. Wobei es , vor allem außerhalb der Saison, gut ist, wenn man vorher anfragt, wann geöffnet ist.
Natürlich kann man auch einen längeren Agriaufenthalt buchen. Irgendwie muss man dann aber mit dem täglichen Essen zurande kommen, heißt irgendwie sich mit der Mamma einigen, dass man nicht immer alles essen kann.
Mancher Besitzer bietet auch Teilhabe an der landwirtschaftlichen Arbeit an, so zum Beispiel bei der Käseherstellung. Andere organisieren auch Touren oder Pferdeausritte für ihre Gäste.
Wo finde ich nun den Agri für mich? Wenn man nicht en detail von zuhause aus vorplanen will und schon auf der Insel ist, dann sieht man die Agrischilder aller Orten am Straßenrand. Ein Holzschild mit Aufschrift und Namen, manchmal auch gleich mit Telefonnummer versehen weist den Weg ins Gelände. Mit folgendem Link könnt ihr auch jetzt mal schmökern oder gebt einfach selbst agriturismo sardegna oder sardinien in eure Suchmaschine ein. http://www.agriturismo.it/de/bauernhof/sardinien#0440321
Alles in allem ist dies eine Möglichkeit in das bäuerliche Leben einzutauchen, Familienanschluss ist einfach, Kinder kommen auf ihre Kosten. Das Meer ist allerdings meistens nicht um die Ecke.